„Nicht so gut drauf“ oder doch schon depressiv? Wie erkenne ich eine Depression?

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„Nicht so gut drauf“ oder doch schon depressiv?

Wie erkenne ich eine Depression?

Obwohl Depressionen eine Volkskrankheit sind und jede:r fünfte Deutsche im Laufe des Lebens erkrankt, fällt es Betroffenen häufig schwer, vorliegende Symptome zuzuordnen und zu unterscheiden, wann es sich um eine „schlechte Phase“ und wann um eine behandlungswürdige Erkrankung handelt. Grund dafür sind unter anderem Mythen wie „Depression treten nur als Folge von Schicksalsschlägen auf“, oder einseitige, reißerische Darstellung in den Medien. Oft wird umgangssprachlich von „deprimierend“ oder „depri“ gesprochen, wenn das graue Wetter, die triste Weltlage oder auch ein düsterer Film gemeint sind. Und zuletzt machen Vorurteile, beispielsweise, dass Depressionen ein Zeichen von Charakterschwäche wären, es Betroffenen schwer sich in Diagnostik und Behandlung zu begeben. Hier ein Überblick, was eine Depression ausmacht.

Depressionen zeichnen sich durch drei Hauptmerkmale aus, von denen für eine Diagnose mindestens zwei vorliegen müssen:

  1. Gedrückte Stimmung (niedergeschlagen, pessimistisch, hoffnungslos) welche die meiste Zeit des Tages und im Wesentlichen unbeeinflusst von Umständen anhält. Manche Menschen beschreiben auch eine innere Leere oder Gefühlslosigkeit, die Stimmung kann ebenso von Gereiztheit geprägt sein.
  2. Interessen- und Freudverlust an Aktivitäten, die normalerweise angenehm waren. Hobbys, der Beruf, Unternehmungen und soziale Kontakte machen keine Freude mehr, das Interesse daran scheint verloren.
  3. Verminderter Antrieb oder eine gesteigerte Ermüdbarkeit. Sich aufzuraffen fällt schwer, häufig fehlt insbesondere morgens die Energie für den anstehenden Tag. Alltägliche Dinge (Arbeit, Hausarbeit, Einkaufen, Körperpflege etc.) kosten eine große Überwindung, überfordern und sind teilweise nicht mehr zu bewältigen. Schafft man es noch zur Arbeit oder in die Uni, ist man danach völlig erschöpft.

Zusätzliche Symptome, von denen mindestens zwei vorliegen sollten, sind:

  • Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls, sich wertlos oder minderwertig fühlen.
  • Unbegründete Selbstvorwürfe und ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle.
  • Wiederkehrende Gedanken an den Tod, an Selbsttötung, oder auch ein diffuser Lebensüberdruss „das Leben möge doch vorbei sein, es solle endlich aufhören“.
  • Konzentrationsstörungen (z.B. beim Lernen, Lesen), oder Entscheidungsschwierigkeiten, oder Störungen des Denkens, z.B. Gedankenkreisen und Grübeln.
  • Schlafstörungen jeder Art (Einschlaf- oder Durchschlafschwierigkeiten, frühmorgendliches Erwachen, nicht erholsamer Schlaf), vermehrter Schlaf.
  • Veränderung des Appetits (mehr oder weniger) mit entsprechender Gewichtsveränderung.
  • Beobachtbare oder innerliche Unruhe, sich getrieben fühlen. Auch das Gegenteil kann zutreffen und man fühlt sich gehemmt, verlangsamt, dies kann sich auch in Bewegung und Sprache zeigen.

Auch Menschen ohne Depressionen leiden vereinzelt und kurzzeitig unter den beschriebenen Symptomen. Der entscheidende Punkt sind die Anzahl, Intensität und Dauer der Symptome. Um die Diagnosekriterien für eine Depression zu erfüllen, müssen Symptome mindestens 2 Wochen durchgehend (d.h. die meiste Zeit des Tages) bestehen. Häufig bestehen Symptome schon viel länger. Dabei ist unerheblich, ob es einen erkennbaren Grund bzw. Auslöser gibt oder nicht. Auch wenn die Kriterien nicht ausreichend für eine Diagnosestellung erfüllt sind, sind Symptome, die zu Leiden führen, selbstverständlich ernst zu nehmen und können eine Behandlung sinnvoll machen.

Hier drei Tipps, die dir im Umgang mit belastenden Symptomen helfen können:

  1. Nimm dir Zeit und horche in dich hinein. Und nun sei ehrlich: Wie geht es dir? Nimm deine Gefühle ernst. Wie lange hältst du schon durch? Wann warst du eigentlich das letzte Mal glücklich?
  2. Suche dir bitte professionelle Hilfe. Der Hausarzt ist eine gute erste Anlaufstelle, der gegebenenfalls an Psychotherapeuten oder Psychiater vermitteln kann. Depressionen werden mit Psychotherapie und/oder Antidepressiva behandelt und sind so sehr gut behandelbar.
  3. Die Patientenhotline 116117 ist dir dabei behilflich, innerhalb von 4 Wochen einen Termin für ein Erstgespräch zu bekommen. Scheint dir der Weg zum Arzt erstmal nicht bewältigbar oder überrollt dich akut eine Krise, bietet die Telefonseelsorge rund um die Uhr schnelle Hilfe: Kostenlos unter Tel. 0800 – 1110111 und 0800 – 1110222. Auch die App Krisenkompass kann Unterstützung bieten.

Quellen:
World Health Organization (1997). Composite International Diagnostic Interview (CIDI, Version 2.1). Geneva: World Health Organization.
World Health Organization. (2016). International statistical classification of diseases and related health problems (10th ed.). https://icd.who.int/browse10/2016/en
www.deutsche-depressionshilfe.de

 

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