Erwartungsmanagement: Wie gehe ich mit Erwartungshaltungen um?

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Erwartungen beeinflussen uns. Wer kennt das nicht: Wir erwarten viel von einer Party und sie wird der reinste Flop. Ein anderes Mal möchten wir gar nicht erst zur Party gehen und sie entpuppt sich als eine spaßige Überraschung. Erwartungen begegnen uns jeden Tag. Sie beeinflussen, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen und erleben – und nicht zuletzt, wie wir reagieren und miteinander kommunizieren. Aber worauf warten wir eigentlich genau bei so einer Erwartung?

Oftmals erwarten wir im Arbeitsalltag, dass andere unsere Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse lesen können. Wir reagieren vielleicht gereizt auf eine Frage, weil wir denken, dass unser Gegenüber sehen kann, wenn wir beschäftigt sind und gerade keine Zeit für Fragen haben.
Schnell bietet das Konfliktpotenzial. Dabei befindet sich jeder von uns in seiner eigenen Erwartung oder Gedankenblase. Patientenbesitzer*innen sind besorgt um ihre Haustiere. Ein Kollege fühlt sich gerade nicht gut und braucht Hilfe. Und die Chefin bekommt Druck von der Geschäftsführung, weil sie immer weiter Kosten einsparen muss. Jeder hat seine individuellen Aufträge, Ziele, aber auch Bedürfnisse und jeder geht in eine Situation mit einer gewissen Erwartungshaltung.


Unsere Erwartung beeinflusst, wie wir die Welt wahrnehmen. Wir haben eine Art Erwartungsfilter in unserer Wahrnehmung und so nehmen wir häufig selektiv das wahr, was wir erwarten (Expectation Bias) oder auch nicht erwarten. Menschen, die unter einer Depression leiden, zeigen beispielsweise häufiger negative Erwartungshaltungen (negative Expectation Bias) und beeinflussen damit ihre eigene Wahrnehmung.

Erwarten wir einen Zustand, eine Reaktion oder Handlung, gibt uns das Planungssicherheit. Das hilft uns dabei, besser mit Konflikten und stressigen Situationen umzugehen. In einer Studie von Gratton, Coles, & Donchin (1992) wurde gezeigt, dass die Erwartung, dass ein Konflikt auftreten wird, das spätere Erleben des Konfliktes verringern kann. Wir können uns innerlich auf den Konflikt einstellen und sind daher darauf vorbereitet. Wir fühlen uns bestätigt und sicher, wenn unsere Erwartung eintrifft. Trifft die Erwartung jedoch nicht ein, ist das zunächst irritierend für uns. Es nimmt uns die Planungssicherheit, die unsere Erwartung uns geben sollte. Es entsteht eine Diskrepanz zwischen unserer Erwartung und der Realität und das kann zu einer Enttäuschung führen. So beeinflussen Erwartungen uns. Sie können uns Sicherheit geben, aber auch zur Enttäuschung führen und so unsere Zufriedenheit beeinflussen. Um Enttäuschungen im Alltag zu vermeiden, hilft es, sich mit den eigenen Erwartungen auseinanderzusetzen. Wir haben 3 Tipps für dich, um deine Erwartungen bewusster zu managen.

Werde dir deiner Erwartungen bewusst

Der erste Schritt im Erwartungsmanagement ist, sich seiner eigenen Erwartungen bewusst zu werden. Stell dir vor, du sprichst eine Person an: Was erwartest du von dieser Person? Wünschst du dir eine bestimmte Antwort? Und wenn ja, wärst du enttäuscht, wenn es anders ausginge? Was sind deine Erwartungen an andere? An deine Mutter, deinen Kollegen oder die Mitarbeiterin im Supermarkt? Und wie reagierst du, wenn diese Personen sich nicht so verhalten, wie du es erwartest? Was könnten andere in der gleichen Situation erwartet haben? Inwiefern hat dir deine Erwartungshaltung geholfen und inwiefern hat sie dich vielleicht sabotiert?

Kommuniziere deine Erwartungen

Eine offene und klare Kommunikation ist im Erwartungsmanagement unerlässlich. Je mehr wir übereinander wissen, desto genauer können wir Situationen einschätzen. Erwartest du etwas? Dann sprich es aus. Kommuniziere deinem Gegenüber, was du dir wünschst oder worüber du dich vielleicht gefreut hättest. Sprich auch über die Diskrepanz zwischen deiner Erwartung und der Realität. Geh in den Dialog. Sei transparent und sprich über deine Wahrnehmung und deine Gefühle, sodass dein Gegenüber nachvollziehen kann, woher deine Erwartung stammt. So kommt es zu transparenteren Erwartungshaltungen und mehr Verständnis untereinander, falls die Erwartung nicht erfüllt wird.

Gestehe anderen ihre Erwartungen zu

Nicht nur wir, sondern auch unser Umfeld hat kontinuierliche Erwartungen. In der Klinik können diese oftmals zur Belastung werden. Erwarten Patientenbesitzer*innen viel und vielleicht auch Unrealistisches, können beim Nicht-Erfüllen dieser Erwartungen viele Emotionen und Konflikte ausgelöst werden. Versuche deshalb, in der Kommunikation sehr transparent zu sein. Kommuniziere von Beginn an, was realistisch ist und was nicht. Höre deinem Gegenüber zu. Frage nach konkreten Erwartungen, sodass du auf dein Gegenüber eingehen und so bestimmte Konflikte vermeiden kannst, bevor sie durch unerfüllte Erwartungen entstehen. Je mehr Informationen vorhanden sind, desto näher kommt die persönliche Erwartung der Realität, da weniger Raum für Spekulationen vorhanden ist.

 

 

Erwartungscheck

Versuche einmal bewusst nichts zu erwarten und probiere dich in der Rolle als Beobachter zu üben. Was verändert sich, wenn du das tust? Nimmst du Situationen anders wahr? Reagierst du anders als mit einer Erwartungshaltung?

Quellen

Braathen, J., Goodsell, M. D., Paßehr, S., & Pinsard, E. (2021). Expectation management. The European Physical Journal C, 81(6), 1-20.

Brown, W. A. (2015). How expectation works: psychologic and physiologic pathways. Rhode Island Medical Journal, 98(5), 22.

De Raedt, R., & Hooley, J. M. (2016). The role of expectancy and proactive control in stress regulation: A neurocognitive framework for regulation expectation. Clinical psychology review, 45, 45-55.

Gehring, W. J., Gratton, G., Coles, M. G., & Donchin, E. (1992). Probability effects on stimulus evaluation and response processes. Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 18(1), 198.

Gratton, G., Coles, M. G., & Donchin, E. (1992). Optimizing the use of information: strategic control of activation of responses. Journal of Experimental Psychology: General, 121(4), 480.

Johannes, B., Goodsell, M. D., Sebastian, P., & Emanuelle, P. (2021). Expectation management. The European Physical Journal. C, Particles and Fields., 81(6).

Luoma-Aho, V., Olkkonen, L., & Lähteenmäki, M. (2013). Expectation management for public sector organizations. Public Relations Review, 39(3), 248-250.

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Geschrieben von:

PsychologyJungle

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